06 Verkehr

Filstalstrecke als Gütergleis?

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 06.11.2010

Stuttgart 21 Die Göppinger Grünen befürchten, dass die Bahn auch viele Nahverkehrszüge künftig auf der Neubaustrecke fahren lassen will. Doch der Landrat gibt Entwarnung.

Gerät der Kreis Göppingen nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 aufs Abstellgleis? Nach Äußerungen des Bahn-Vorstands Volker Kefer am Runden Tisch in Stuttgart hegt der Kreisverband der Grünen schlimmste Befürchtungen. Demnach könnte angeblich ein großer Teil vor allem des sogenannten schnellen Nahverkehrs zwischen Stuttgart und Ulm auf die Neubaustrecke verlegt werden.

Göppingens Befürworter von Stuttgart 21 , die sich kürzlich mit einer Resolution an die Öffentlichkeit gewandt hatten, wiesen dies mittlerweile als Spekulation zurück. „Es gibt eine schriftliche Zusage des Landes, dass der Nahverkehr im Filstal ausgebaut wird", sagt der Göppinger Landrat Edgar Wolff, der zu den Erstunterzeichnern der parteiübergreifenden Resolution gehörte. Ohne diese verbindliche Zusage hätte er sich der Erklärung „Für Stuttgart 21 " gar nicht erst angeschlossen, versicherte Wolff.

Kefer hatte beim Schlichtungsgespräch in Stuttgart unter anderem erklärt, dass „nicht der gesamte Regionalverkehr, aber ein deutlicher Teil" auf die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm verlagert werde. Damit schaffe die Bahn „Platz auf der heute existierenden Strecke, der deutlich besser vom Güterverkehr verwendet werden" könne. Die Konsequenzen eines solchen Szenarios wären fatal, heißt es in einem offenen Brief des Göppinger Kreisvorstands der Grünen an die Befürworter. Wenn diese Pläne wahr würden, „würde der Kreis Göppingen von allen auch nur halbwegs schnellen Verkehren abgehängt und stattdessen mit durchfahrendem Güterverkehr belastet". Dieser sei laut, zu einer Verbesserung des Lärmschutzes sei die Bahn aber nicht verpflichtet. Einer von den Grünen vorgeschlagenen neuen Resolution zur Verhinderung solcher Pläne wollen sich die Befürworter nicht anschließen. Schließlich werde „das künftige Nah- und Regionalverkehrsangebot nicht von der Bahn bestimmt, sondern durch das Land bestellt". Und von dort gebe es bereits entsprechende Zusagen, heißt es in der Antwort der S-21-Befürworter auf die Grünen. Demnach soll der bisher zweistündig verkehrende Interregio-Express (IRE), der nur in Geislingen und Göppingen hält, künftig im Stundentakt fahren. Der Regionalexpress (RE), der auch in Süßen hält, solle seinen Stundentakt auf das Wochenende erweitern.

Richtig ist allerdings, dass eine IRE-Linie künftig auch über den Flughafen und die Neubaustrecke geführt werden soll. Die Fahrtzeit zwischen Stuttgart und Ulm verkürze sich damit im Vergleich zu der IRE-Linie über Göppingen von 58 auf 41 Minuten. Auch dieser Zug soll stündlich verkehren, wodurch sich die Zahl der regionalen Zugverbindungen zwischen Stuttgart und Ulm um 60 bis 70 Prozent erhöhen würde.

Im zuständigen Landesverkehrsministerium ist man optimistisch, dass sich das ausgeweitete Angebot auch ohne zusätzliches Geld finanzieren lässt. „Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs der Eisenbahnverkehrsunternehmen kann damit gerechnet werden, dass die Angebotserweiterungen mit einem vergleichbaren Mitteleinsatz realisierbar sind", sagt der zuständige Referent im Verkehrsministerium, Peter Morhard. Demnächst werde das Land um Angebote bitten. Die bisherigen Erfahrungen in anderen Bundesländern mit der Ausschreibung solcher Verkehre hätten ergeben, dass Ausschreibungsgewinne von 30 bis 40 Prozent möglich seien.

Für den Landrat gibt es bis jetzt jedenfalls keinen Grund, an der Vermehrung der Züge zu zweifeln. An anderer Stelle ist Wolff allerdings weniger optimistisch. Dass auch künftig einzelne Intercity-Züge durch das Filstal fahren und in Göppingen halten, sei wohl eher ein Wunschtraum. Ihre entsprechende Zusage werde die Bahn nach der Fertigstellung der Neubaustrecke schnell vergessen, prophezeite Wolff jüngst in einer Kreistagssitzung.

DER BAHN-VORSTAND VOLKER KEFER IM WORTLAUT

Vorbild „Wenn Sie sich heute anschauen, was auf der Strecke Nürnberg-Ingolstadt-München passiert, dann haben wir dort nicht nur die ICEs, die mit Maximalgeschwindigkeit 300 verkehren, sondern wir haben auch einen Regionalverkehr, der mit Maximalgeschwindigkeit 200 läuft. Damit werden die Abstände zwischen den Einzelmetropolen so kurz, dass wir heute mittlerweile ein Pendlereinzugsgebiet von München aus betrachtet haben, das bis Nürnberg reicht. Und dasselbe ist die Erwartung, wenn wir einen schnellen Regionalverkehr einführen, beispielsweise zwischen Stuttgart und Ulm. Man kann in Ulm wohnen und erreicht in einer guten halben Stunde Stuttgart."

Güterverkehr „Ich hatte vorhin ausgeführt, dass wir auf der Schnellfahrstrecke einen schnell laufenden Regionalverkehr einrichten wollen – das ist nicht der gesamte Regionalverkehr, aber es ist ein deutlicher Teil des Regionalverkehrs – und dass wir damit Platz schaffen auf der heute existierenden Strecke, der deutlich besser vom Güterverkehr verwendet werden kann."

Nachzulesen im Netz unter
http://stuttgart21.wikiwam.de/index.php/Wortprotokoll_der_Schlichtung_22.10.2010

Anm. siehe auch die Dokumentation auf http://www.gruene-goeppingen.de/home/thema-verkehr/nbs-ulm-wendlingen.html

VORGESCHICHTE: zum offenen Brief des grünen Kreisvorstands…

REAKTION: zur Pressemitteilung der grünen Kreistagsfraktion hierzu…

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„Zugverkehr im Filstal wird besser“

Initiative „Für Stuttgart 21“ weist Befürchtungen des Kreisverbands der Grünen zurück

Autor: pm/rod | NWZ 06.11.2010

Wird nach dem Bau der Schnellbahntrasse der Personennahverkehr aus dem Filstal dorthin verlagert? Dieser Befürchtung der Grünen tritt das Verkehrsministerium entgegen. Das glatte Gegenteil sei der Fall.

Kreis Göppingen/Stuttgart. Der Bau der Schnellbahnstrecke Wendlingen-Ulm und des unterirdischen Durchgangsbahnhofs Stuttgart 21 bringt dem Filstal einen wesentlich verbesserten Nahverkehr. Mit dieser schriftlichen Zusicherung des Stuttgarter Umwelt- und Verkehrsministeriums treten die Unterzeichner der überparteilichen Initiative „Für Stuttgart 21“ aus dem Kreis Göppingen, darunter alle Abgeordneten und der Landrat Edgar Wolff, gegenteiligen Spekulationen des Kreisverbandes der Grünen entgegen.

Nicht nur ICE, sondern auch alle schnellen Regionalzüge würden aus dem Filstal abgezogen, argwöhnen die Grünen, die S 21 kategorisch ablehnen, etliche von ihnen auch die Schnellbahnstrecke. Die Grünen hatten Aussagen des Bahnvorstandes Dr. Kefer bei der Schlichtungsrunde so interpretiert.

„Mit Stuttgart 21 werden sich die Verbindungen im Regionalverkehr im Filstal nicht verschlechtern, sondern deutlich verbessern“, lautet demgegenüber der Tenor einer gemeinsamen Erklärung der S 21-Befürworter aus dem Landkreis. Die künftige Qualität des Regionalverkehrs im Filstal und die Option, die S 21 für den Einstieg in die S-Bahn ermöglicht, sind die entscheidende Argumentationsgrundlage für die S 21-Unterstützer. Wenn der Personenfernverkehr, also die ICE, wie geplant auf die Schnellbahntrasse verlegt werden, ermöglicht das nach Überzeugung der Initiative „Für Stuttgart 21“ im Filstal:

  • bis zu zwei zusätzliche Taktverbindungen pro Stunde.
  • Der InterRegioExpress (IRE) soll statt zum Stundentakt verdichtet werden (bisher alle zwei Stunden). Gerade für Geislingen bedeutet das eine Verdopplung der Halte dieser schnellen Verbindung in die Landeshauptstadt, beziehungsweise nach Ulm.
  • RegionalExpress (RE) und die RegionalBahn (RB) verkehren ebenfalls stündlich.
  • Die RB wird ohne Umsteigen von Ulm bis Plochingen durchgebunden, wodurch sich bessere Direktverbindungen ergeben. Die Regionalverkehrsverbindungen sollen darüber hinaus über das Wochenende verstetigt werden.

Die Unterzeichner der Erklärung „Für Stuttgart 21“ machen vor allem darauf aufmerksam, dass das künftige Nah- und Regionalverkehrsangebot nicht von der Bahn bestimmt, sondern vom Land bestellt und bezahlt wird. Die deutlich verbesserte Grundstruktur des künftigen Verkehrsangebots im Filstal wurde dem Göppinger Landratsamt vom Umwelt- und Verkehrsministerium schriftlich bestätigt.

Der Verkehrsexperte im Landratsamt, Jörg-Michael Wienecke, unterstreicht dies nachdrücklich: „Durch S 21 und die Schnellbahnstrecke verbessert sich der Nahverkehr im Filstal deutlich und es ergeben sich freie Kapazitäten für eine S-Bahn. Da hat sich nichts geändert.“

Nicht verwechseln dürfe man das damit, dass durch ein prognostiziertes höheres Fahrgastaufkommen auch auf der Schnellbahnstrecke zwischen Ulm und Stuttgart wohl ein zusätzlicher IRE eingesetzt werden soll, ebenso von Tübingen mit der Anbindung an Flugplatz und Messe.

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